Detailaufnahme des Regals und einer Box aus der Praxis für Paartherapie Julia Bellabarba, Berlin

Paar-Geschichten: Viola und Viktor

In diesem Blog veröffentliche ich Geschichten von Paaren, die ihre Krisen hatten, ihre Enttäuschungen und Verletzungen erlebt haben, und trotzdem zusammenhalten. Es sind Geschichten, die ich in meinem privaten Umfeld sammle. Die Protagonisten sind mit der Veröffentlichung einverstanden.

Viola (32) und Viktor (34) sind seit 8 Jahren zusammen.

Viktor hat mir die Geschichte ihrer Beziehung so erzählt:

„Ich habe Viola auf einem Seminar in den USA kennegelernt. Und ich habe sofort eine starke sinnliche Anziehungskraft gespürt. Wir sind am selben Abend noch in eine Bar gegangen und haben bis zum Morgengrauen geredet. Ich habe sie dann zum Flughafen gebracht, denn sie musste zurück nach London, dort hat sie mit ihrem damaligen Freund gewohnt.

Ich hatte noch nie solchen Liebeskummer, es war schrecklich. Ich konnte an nichts Anderes mehr denken, schickte ihr unendlich viele Mails und SMS, und war wie von Sinnen, aß nicht, schlief nicht, und wollte nur eins: Viola wiedersehen. Ich wollte ihr sofort nachfliegen, doch sie hatte Bedenken. Sie liebte ihren Freund, und hatte nicht das Empfinden, dass wir zusammen gehören. Irgendwann habe ich gemerkt, dass meine Panik, sie zu verlieren, zu viel wurde.

Mein bester Freund hat mir damals gesagt, dass ich mit meiner „digitalen Belagerungstaktik“ wahrscheinlich eher uncool und nervig wirke. Ich habe dann (so schwer es mir fiel) aufgehört, sie zu bedrängen, und ihr einfach normale Nachrichten geschickt, mich sehr für ihr Leben interessiert, ihr Tipps gegeben, und sie wie eine wirklich gute Freundin behandelt. Wir haben dann fast ein Jahr lang gechattet, manchmal auch geskypt und dann wurde es langsam wieder sehr intensiv, auch von ihrer Seite. Ich war mittlerweile aus den USA zurück nach Hamburg gezogen und hatte angefangen, zu arbeiten. Mit meinem ersten Gehalt kaufte ich für uns Tickets nach Paris, ich lud sie ein und sie kam! Am liebsten hätte ich ihr dort gleich einen Heiratsantrag gemacht. Das habe ich  mir verkniffen, aber drei Monate später ist sie dann zu mir nach Hamburg gezogen.

Am Anfang war alles wie ein Traum. Doch dann ging der Riesenstress los. Wir haben nur noch gestritten. Über alles! Ich glaube, an einem Wochende haben wir uns sogar darüber gestritten, ob der Hamburger SV oder Borussia die bessere Mannschaft hat, dabei interessieren wir uns beide nicht für Fußball! Es war so furchtbar, dass ich immer wieder ins Hotel gezogen bin, um ein paar Tage Abstand zu haben. Viola war sehr unzufrieden, sie hatte den Eindruck, meinetwegen ihre Karriere in London geopfert zu haben, sie hasste Hamburg, und hat mir bei jeder Kleinigkeit vorgeworfen, sie habe das größere Opfer gebracht für unsere Beziehung. Ich dachte, sie spinnt, denn für mich wäre Viola jedes Opfer wert gewesen.

Irgendwann haben wir gemerkt, es geht einfach nicht mehr. Sie ist für einen Monat zu ihren Eltern nach Bayern gegangen und ich war beruflich in den USA. Dann haben wir uns entschlossen, in Hamburg eine Beratunggstelle aufzusuchen, sozusagen als letzten Versuch. Das war hart, hat uns aber sehr geholfen. Wir haben reflektiert,  was für absurde Machtkämpfe wir uns liefern, und wie überstürzt (aber auch mutig) unsere Entscheidung war, zusammen zu ziehen. In der Beratung haben wir dann auch den Entschluss gefasst, es nochmal in einer Stadt zu versuchen, die wir beide nicht kennen.

Wir sind dann nach Berlin gezogen, und da haben wir vor einem Jahr geheiratet. Mein Freund hat die beste Rede ever gehalten, von unseren Anfängen, als er mir geraten hat, nicht so zu drängeln. Als Viola da geweint hat, wusste ich: ich werde sie immer lieben!“